Zum 50. Mal fand in diesem Jahr „The Great
Dorset Steam Fair“ statt, eines der größten outdoor-events in Europa. 2018 kamen zu der Mammut-Show zum
50-jährigen Jubiläum 500 ( fünfhundert!) große Dampfmaschinen.
Die Veranstaltung fand das erste Mal 1968 in sehr viel kleinerem Rahmen statt. Immer mehr Interessenten fanden sich aber in den darauffolgenden Jahren zusammen, ihre oft mehr als 100 Jahre alten Maschinen zu zeigen. Mittlerweile findet die Steam Fair auf einer 250 ha. großen zuvor landwirtschaftlich genutzten Fläche bei Tarrant Hinton, einem kleinen Ort nahe Blendford Forum im Herzen Dorsets statt.
The Great Dorset Steam Fair ist ein typisch britisches Event und bietet eine einzigartige Mischung aus Nostalgie und Unterhaltung. Schon bei der Ankunft sieht man aus der Ferne die rauchenden Kamine der eingeheizten Dampfmaschinen. Von morgens bis abends fahren sie ihre Runden in der „Heavy Haulage Arena“, mal einzeln, mal mit einem Anhänger oder gar als Schwerlast-Gespann: Drei Maschinen ziehen einen Tieflader, der selbst 25 t Eigengewicht und 80 t Tragkraft hat, beladen mit einem Transformator, während eine vierte Maschine schiebt. Burrell, Foden, Foster, Fowler, Aveling & Porter und McLaren sind nur einige der hier vertretenen britischen Hersteller dieser imposanten Stahlrösser. Am Rande des Parcours wird Frischwasser nachgefüllt und neue Kohlen gebunkert, während ununterbrochen zischende und dampfende Maschinen an einem vorbei fahren. Kleinere und größere, mal langsam mal recht flott. Auch dampfgetriebene LKW, teilweise mit kuriosen dreiachsigen Fahrgestellen, dampfende Omnibusse und Stanley Dampfmotorwagen drehen ihre Runden.
In anderen Bereichen auf dem großen Gelände werden die Maschinen bei stationärer Arbeit vorgeführt: einmal wird Getreide gedroschen, an anderer Stelle treiben die Dampftraktoren verschiedene Sägen an, um aus den Baumstämmen Bretter und Balken zu sägen. Natürlich werden die Baumstämme von einem Dampftraktor mit vorgebautem Kran angeliefert. Ein Stück weiter sind die Steam-Roller, die Dampf-Straßenwalzen bei der Arbeit und noch ein Stück weiter stehen große Dampftraktoren mit einer Seilwinde im Abstand von 300m. Mit ihrer Winde ziehen sie einen Kipppflug auf dem Acker hin und her. Da das Gelände leicht hügelig ist, können sich die Arbeiter in den Maschinen nicht sehen. Stopp und Start der Winde wird mit einem lauten Pfeifen aus der Dampfpfeife signalisiert.
Höhepunkt sind aber die „Showman´s Engines“ und die „Fairground Organs“. Etwa ab Mitte des 19. Jahrhunderts nutzten Schausteller diese dampfgetriebenen Maschinen, die einen fest angebauten Generator haben, um die Jahrmarktsorgeln (Fairground Organs) mit der nötigen Elektrizität zu versorgen. Etwa 60 Showman´s Engines und 30 Orgeln werden gezeigt. Abends haben alle ihre üppige Beleuchtung an, damit die kunstvollen Verzierungen und das glänzende Messing auch richtig zur Geltung kommen und überall dröhnt die nostalgisch Musik aus den Orgeln – das muss man eigentlich vor Ort erlebt haben. Selbstverständlich gibt es auch dampfgetriebene Karussells und die einzige dampfgetriebene Schiffschaukel. Ich bin infiziert und fahre in diesem Jahr zum 7. Mal.
Neben den oben beschriebenen Maschinen gibt es aber noch so viel mehr zu sehen: Pferde mit Wagen, Kutschen, Eggen, Pflügen und und und werden vorgeführt. Über 20 alte Schäferkarren, teilweise mit tollen Einrichtungen sind zu bestaunen. Zelte und Stände mit kuriosen Sachen: alte Staubsauger, Picknick Koffer, Eier-Waschmaschine, alte Handmixer aus Holz, Whisky Kannen und vieles mehr. Verschiedene alte Handwerkskünste werden gezeigt. Über 130 alte Diesel-Traktoren, mehrere Feuerwehr Autos, LKW, Militärfahrzeuge, Baufahrzeuge, Oldtimer-PKWs, ein Zelt mit alten Fahrrädern, eines mit alten Motorrädern und ein Zelt mit Modellen. Nicht zu vergessen die über 100 Modell-Dampftraktoren. Keine aus dem Spielwarengeschäft, sondern welche auf denen man richtig sitzen und mitfahren kann!
Eine ganz besondere Einstellung haben die Engländer zu vergangenen Kriegsgeschehen. 2014 jährte sich der Beginn des ersten Weltkrieges zum 100. Mal. Das nahm man als Anlass, ein „World War 1-Display“ einzurichten. Ein Original Schützengraben wurde ausgehoben, ein zerstörtes Haus aufgebaut und die ganzen Kriegsgeräte dazu gestellt. Einer der ersten Panzer, ein Sanitäts-Motorrad mit einer Trage auf dem Seitenwagen. Das ist dann mit Soldat und einer Krankenschwester auf dem Sozius über das Gelände gefahren. Der Militär LKW mit Vollgummi-Reifen hat dicke Seile quer über die Felge gebunden, um bei möglichem Schlamm genügend Traktion zu haben. Da der Krieg 4 Jahre dauerte, soll dieses Display auch bis in diesem Jahr bleiben.
Für das leibliche Wohl ist auf dem gesamten Gelände in Hülle und Fülle gesorgt und für jeden Geschmack ist etwas dabei. In einem riesigen Zelt, der „Food Hall“, werden auch spezielle regionale Gerichte und Produkte (Honig, Marmelade usw.) angeboten. In mehreren Bierzelten sorgen Live-Bands für Stimmung bis in die Nacht.
Selbst an eine Kirche für die Gläubigen wurde gedacht.
Auf dem Gelände-Plan sind alle wichtigen Einrichtungen aufgeführt, wie Erste Hilfe Station, Geld-Automat, Bus-Haltestellen und die ausreichend vorhanden Sanitär-Anlagen.
Über 200.000 Besucher kommen jedes Jahr. Viele übernachten in Wohnwagen am Rande der Veranstaltung. Auch da ist alles gut organisiert, elektrischer Strom ist gelegt und die Sanitäranlagen sind vorbildlich. Mehrere Bereiche auf den Camping Plätzen sind für Behinderte vorgesehen. Alles ist bestens organisiert und selbst wenn es einmal regnen sollte, wie am Tag zuvor, als ich das erste mal kam, stehen genügend Land Rover oder Traktoren parat, um einem auf dem Stoppelfeld weiter zu helfen. Der Untergrund ist sehr saugfähige Kreide und die Engländer nehmen es mit einem Lächeln:
It´s a little bit slippery today, but it will dry soon!